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Lesen Schreiben Rechnen

Lesen

Bis zur Reformation war der Anteil der Lesekundigen in der Bevölkerung sehr gering; Schätzungen liegen unter 5%; lediglich Kleriker, Gelehrte, Großkaufleute und einige Handwerker zählen zu diesem Kreis. Lesenlernen war - wegen umständlicher Methoden - eine mühsame Angelegenheit, die manche selbst nach jahrelanger Anstrengung nicht bewältigten. Man vermutet, dass selbst von den etwa 25% aller Kinder, die im 18. Jahrhundert eine Schule besucht hatten, ein Drittel nicht in der Lage war, ein Buch zu lesen. Obwohl der Erfurter Schulmeister Valentin Ickelsamer um 1530 eine praktische Methode veröffentlicht hatte, blieb bis ins 19. Jahrhundert die schon im Mittelalter verwendete Buchstabiermethode in Gebrauch: Erst wurde nach dem Alphabet buchstabieren gelernt, dann folgten Übungen im "Zusammenschlagen der Silben", danach wurden Wörter mit steigender Silbenzahl gelesen. Es war für die Schüler schwer zu begreifen, warum MA nicht "ema" gelesen wurde, wo man doch M als "em" gelernt hatte.

Als einzige Lernhilfe besaßen viele Kinder nur eine ABC-Tafel, ein Holzbrettchen mit aufgemaltem Alphabet in Groß- und Kleinbuchstaben, einigen Silben und einem geistlichen Text, meist dem "Vaterunser". Danach las man im Kathechismus. Erst ab dem 18. Jahrhundert entstehen die Vorläufer unserer Fibeln, ABC-Bücher und "Namensbüchlein", auch Lesebücher mit kurzen kindgemäßen Texten werden in dieser Zeit gedruckt. Quellen belegen, daß seit der Antike über Hilfsmittel nachgedacht wurde, mit denen man die Schüler zum Lesen motivieren oder das Lesenlernen erleichtern wollte. Der Pädagoge Jan Amos Comenius kombinierte in seinem Schulbuch "Orbis pictus" die Buchstaben mit Bildern als Assoziationshilfe; die "Lesemaschine", auch "Setzkasten" genannt, hielt Einzug in die Klassenräume der Schulanfänger. Im 20. Jahrhundert hat sich das Angebot an Lernhilfen für den Leseunterricht um viele Varianten erweitert.

Schreiben

Bis zur Erfindung des Buchdruckes mußten alle Bücher in Handschrift vervielfältigt werden. Dies geschah in den Schreibstuben der Klöster, später auch durch Schreibmeister in Schreibwerkstätten. Schreiben lernen konnte man in den Klosterschulen und städtischen Lateinschulen oder bei einem privaten Schreiblehrer in einer Winkelschule.

Die Zahl der Schreibkundigen war bis ins 18. Jahrhundert gering. Bei der Einführung der Schulpflicht durch die absolutistischen Landesfürsten wurde auch der Schreibunterricht in den Lehrplan aufgenommen, allerdings oft ein bis zwei Jahre zeitlich versetzt zum Leseunterricht; das Schreibenlernen erfolgte in einem eigenen Lehrgang. Erst um 1800 propagierten Pädagogen die Schreib-Lesemethode als integriertes Verfahren.

Im 19. Jahrhundert stand der Schreibunterricht auch im Dienst der Erziehung zu Ordnung, Sauberkeit und Gewissenhaftigkeit. Die Geschichte des Schreibunterrichts ist eng verbunden mit der Entwicklung des Schreibgeräts und der Beschreibstoffe. Aus Ägypten hatten Papyrus und Rohrfeder über die Römer im Abendland Eingang gefunden, doch im Mittelalter wurde dieser Beschreibstoff durch das Pergament, das ebenfalls schon seit der Antike Verwendung fand, bei uns verdrängt. Aus Ziegen-, Schafs- oder Kalbshaut hergestellt, war es sehr teuer, so dass höchstens Reste zu Unterichtszwecken benutzt wurden. Ab dem 14. Jahrhundert wurde in Deutschland Papier hergestellt; es wurde bald zum vorherrschenden Schriftträger. Auf Pergament und Papier wurde mit Rohrfeder oder Gänsekiel geschrieben. Beide mussten zugeschnitten und immer wieder nachgespitzt werden. Dazu gab es spezielle Federmesser, die zugleich auch als Radiermesser dienten.

Um 1830 kam in England die Stahlfeder auf und verbreitete sich in den folgenden Jahrzehnten auf dem Kontinent. Die Tatsache, dass um 1900 in Deutschland noch Federmesser hergestellt wurden, lässt den Schluss zu, dass sich manche nur ungern von der leichten, individuell formbaren Gänsefeder trennen wollten.

Von den Römern hatten die Mönche des Mittelalters auch die Wachstäfelchen übernommen, die als eine Art "Notizblatt" dienten. Mit dem Stilus, einem Schreibgriffel aus Metall, Holz oder Bein, ritzte man die Schrift in eine Schicht aus Wachs mit Beimischungen. Mit der abgerundeten oder verbreiterten Rückseite des Griffels konnte sie wieder gelöscht werden.

Schiefertafeln sind erst ab dem ausgehenden 18. Jahrhundert nachweisbar. In Gegenden mit Schiefergestein dürften aber auch schon davor Schieferplatten zu Schreib- und Rechenübungen benutzt worden sein.

Rechnen

Zwar gehörten Arithmetik und Geometrie zu den "Sieben freien Künsten", dem Lehrplan der Kloster- und Lateinschulen, doch ihr Anteil am praktischen Unterricht war ziemlich gering. Rechnungen, die im privaten Leben anfielen - Erbteilungen oder Zinsen - ließ man sich gegen Bezahlung vom Rechenmeister ausführen; bei ihm konnten sich auch Kaufleute oder Handwerker und ihre Söhne Unterricht in den wichtigsten Rechenarten erteilen lassen.

Der bekannte Rechenmeister Adam Riese gab 1518 ein Büchlein für den elementaren Rechenunterricht heraus, dem er und andere weitere Veröffentlichungen zum Rechnen folgen ließen, doch in den Schulen spielte dieses Gebiet eine untergeordnete Rolle. Noch in der Würzburger Schulordnung für Stadt- und Landschulen von 1774 wird der Rechenunterricht erst ab dem 5. Schuljahr eingeführt, und: "Die Rechen-Kunst soll nur zu außerordentlichen Stunden... vorgenommen werden"; sie wird "so weit gebracht, als im gemeinen Leben nothwendig ist."

Die Beschäftigung mit "reiner" Mathematik blieb bis ins 18. Jahrhundert weitgehend den Universitäten vorbehalten. Erst um 1800 kam es auch an den Gelehrtenschulen, den Vorläufern der Gymnasien, zu einem Umschwung, "als man erkennen mußte, welche Vorteile Frankreich aus der Pflege dieser Wissenschaft in seinen Schulen erntete" (Encyklopädie 4. Bd. S. 607). Um die Mitte des Jahrhunderts hatte sich der Mathematikunterricht von Sexta bis Prima auf etwa vier Wochenstunden eingestellt. In unserem Jahrhundert hat der Rechen- bzw. Mathematikunterricht sowohl in Inhalten und Zielen als auch in seinen Methoden mehrere Veränderungen erfahren, um dem wissenschaftlichen und pädagogischen Fortschritt gerecht zu werden.