1000 Jahre Schule im Überblick

 Magazin

Kloster-, Dom- und Stiftsschulen

Für mittelalterliche Klöster galt es als erstrebenswert, neben Bibliothek und Schreibwerkstatt auch über eine Schule zu verfügen, die den klösterlichen Nachwuchs heranbildete, aber auch für Laien zugänglich war. Nach dem Erwerb von Grundkenntnissen in ABC, Schreiben, Kirchengesang, Kirchenrechnung und Psalmen stand für den fortgeschrittenen Schüler das Studium der "Septem Artes liberales", der Sieben Freien Künste auf dem Lehrplan: Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Mathematik, Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie. Vergleichbare Schulen entstanden an Bischofsitzen.

Ritterbildung

Der dem Ritter zur Ausbildung anvertraute Knappe ging anders als der Klosternovize durch eine nichtschriftliche Schule. Er mußte sich in den "Septem Probitates", den Sieben Tüchtigkeiten erproben: Schwimmen, Reiten, Pfeileschießen, Fechten, Jagen, Schachspielen, und Versemachen. Der Umgang mit Musik, Dichtung und fremden Sprachen wurde an Ritterhöfen von den adeligen Damen gepflegt und von diesen wohl auch den Kindern nahegebracht.

Städtische Schulen

Mit der Entwicklung der Städte ab 1200 wurden Schulen unter Magistratshoheit eingerichtet, die Stadt stellte den angesehenen "Magister", "Rektor" oder "Schulmeister" ein, der mit seinen Lehrgesellen Unterricht erteilte. Unterrichtssprache war ursprünglich Latein; der Lehrplan glich dem der Domschulen. Auf Drängen der Eltern wurde zunehmend auch in Deutsch unterrichtet. In Städten mit jüdischen Gemeinden gab es eine "Judenschul", die das Schicksal ihrer Gemeinde teilte.

Winkelschulen

Schriftliche Betriebsführung im aufblühenden Handel seit dem 13.Jahrhundert verlangte nach einfachen Schreib- und Rechenkenntnissen für Handwerker. Männer, die Schreiben und Rechnen konnten, boten mit Genehmigung des Magistrats in ihrer Wohnung Unterricht gegen Bezahlung an: So entstanden Winkelschulen. Kinder aber auch Erwachsene konnten Schüler solcher Schulen sein. Der Schulbesuch dauerte so lange, bis man konnte was man lernen wollte. Unterrichtssprache war Deutsch.

Fahrende Scholaren

Im Mittelalter gab es "fahrende Scholaren". Das waren Schüler, die eine höhere Bildung anstrebten, an ihrem Wohnort keine geeignete Möglichkeit fanden und deshalb alleine oder in Gruppen von Schule zu Schule quer durch halb Europa zogen. An ihrem jeweiligen Aufenthaltsort mußten sie die Schule besuchen. Ihre Unterstützung durch Spenden sah man im Volk als "gutes Werk" an; ebenso trugen Bettelei und Hilfsdienste zum Lebensunterhalt der Scholaren bei.

Küsterschulen

Im Anschluß an die Reformation verbreiteten sich im 16.Jahrhundert zunächst in evangelischen Pfarreien "deutsche" Schulen über den ländlichen Raum. Sie sollten das für das Bibellesen notwendige Wissen vermitteln. Jeder Unbescholtene, der über entsprechende Kenntnisse verfügte, konnte zum Lehrer gewählt werden. Die Schulaufsicht führte der Pfarrer. Oft waren es ehemalige Soldaten oder Handwerker, die nebenbei den Küsterdienst versahen und in ihrer Wohnstube oder von Haus zu Haus den Dorfkindern Buchstabieren, Lesen, Katechismus und Kirchenlieder beizubringen versuchten. Gerechnet wurde meistens nicht.

Lateinschulen

Während auf dem Land höchstens an eine Elementarbildung zu denken war, boten städtische Lateinschulen seit Mitte des 16.Jahrhunderts die notwendige Vorbildung sowohl für kirchliche wie für öffentliche Ämter. Die Schulordnungen regelten mit Zucht und Strenge das Schulleben. Die Lehrer waren oft Theologen, die auf Pfarrstellen warteten oder sich für das Lehramt berufen fühlten. Gelesen wurden lateinische, griechische und hebräische Texte, an denen zugleich Geschichte und Literatur erklärt wurde. Realien und Mathematik spielten oft eine untergeordnete Rolle.

Der Dorfschullehrer, Lithographie um 1835

Ländliche Volksschule

Allen Verordnungen der Landesfürsten zum Trotz, schon im 18.Jahrhundert die allgemeine Schulpflicht einzuführen, wurden erst im Laufe des 19. Jahrhundert alle Kinder von der Schule erreicht. Anders als in der Stadt bestimmte auf dem Land die überwiegend einklassige Dorfschule das Bild, in der ein Lehrer bis zu 100 Schülern unterschiedlichen Alters unterrichtete.Gegenüber der städtischen Volksschule war der Lehrstoff in den Fächern Lesen, Schreiben, Religion, Singen und Rechnen eingeschränkt. Erst ab 1872 wurde die Stundentafel modernisiert, Religion eingeschränkt und die Realien (Naturlehre, Erdkunde, vaterländische Geschichte) ausgebaut.

Nähschulen

Zur "Hebung des allgemeinen Wohlstandes und Gewerbefleißes" erließ die Obrigkeit im 18.Jahrhundert vielerorts Verfügungen zur Einrichtung von Schulen, die - nach der normalen Schule - praktische Kenntnisse vermitteln sollten. Den Unterricht erteilte die Lehrersfrau oder eine andere ehrbare, geeignete Persönlichkeit. Die Dorfmädchen glaubte man derweil "von der Straße".

Städtische Volksschule

Mit Volksschule "pflegt man in Deutschland diejenigen Lehranstalten zu bezeichnen, welche dazu bestimmt sind, ... die große Masse der schulpflichtigen Kinder zu unterrichten und diese zu dem jeweilig als unentbehrlich ... angesehenen elementaren Wissen und Können anzuleiten." (Zitat, 1875) Diese Schulen verfügten in der Regel in den Städten über drei und mehr Klassen und waren zum Teil gut ausgestattet. Eine Sonderform in den im 19.Jahrhundert entstehenden Industriezentren bildeten die "Armenschulen", die von armen Eltern kein Schulgeld verlangten.

Bürgerschulen

Dem aufstrebenden Bürgertum des frühen 19.Jahrhundert genügten weder die alten Lateinschulen oder humanistischen Gymnasien noch die niederen deutschen Schulen für das einfache Volk. Selbstbewußte städtische Beamte, Advokaten und Geschäftsleute setzten sich für Bürgerschulen ein, in denen ihre Kinder - allerdings meist Jungen - von Lehrern mit pädagogischem Anspruch mit Hilfe ausgewählter Lehrmittel lebenspraktisch unterrichtet wurden. Während Bürgerschulen zu den "Mittelschulen", den Vorläufern der heutigen Realschulen zu rechnen sind, gehen die "Höheren Bürgerschulen" in "Realgymnasien " und "Oberrealschulen" auf.

Mittelschulen

Zwar gab es schon im 18.Jahrhundert Realschulen, aber erst gegen Ende des 19.Jahrhunderts berücksichtigte die sogenannten Mittelschulen als Vorläufer der heutigen Real- und Berufsschulen die Bedürfnisse des gewerblichen Lebens wie neuere Fremdsprachen oder gewerbliches Rechnen. Dies und die Tatsache, daß lange Zeit allein Gymnasialabgänger nach der Tertia das "Einjährige" (= Reduzierung der Militärzeit auf ein Jahr) erhielten, ließ die meisten Eltern das Gymnasium für ihre Söhne vorziehen. Bis ins 20.Jahrhundert schickte man eher die Töchter zur Mittelschule. Seit 1959 gilt für Schulen dieses Typs die einheitliche Bezeichnung "Realschule".

Erst um 1960 wurde die körperliche Züchtigung als erlaubtes Strafmittel in Schulenverboten.
Noch im 19. Jahrhundert heißt es: "Am passendsten ist für die körperliche Züchtigung die Ruthe."
Lithographie, um 1835

Gymnasium

In der Nachfolge der Lateinschulen, besonders aber durch die Normierung des Abiturientenexamens 1812 kristallisierte sich das Gymnasium allmählich als "die" Bildungsanstalt für alle Karrieren im höheren Staatsdienst und die freien Berufe heraus. Tragende Säulen der Ausbildung waren die klassischen Sprachen, die antike Kultur stand im Mittelpunkt der Betrachtung. Daneben entwickelten sich im 19.Jahrhundert höhere Schulen, die sich stärker an modernen Sprachen und den Naturwissenschaften orientierten, aber erst ab 1900 die Berechtigung zum Universitätsstudium erteilen durften. 

Privatunterricht

Kinder aus besserem Hause ließ man gern von einem Hauslehrer, Hofmeister oder einer Gouvernante unterrichten; bis zum Jahr 1920 waren diese Kinder damit von der Schulpflicht befreit. Trotz anspruchsvoller Anforderungen bei kärglicher Besoldung waren viele Universitätsabsolventen im 19.Jahrhundert gezwungen, als Hauslehrer in herrschaftliche Dienste zu treten. Für gebildete, unverheiratete Frauen war die Tätigkeit als Erzieherin oder Gouvernante eine der wenigen Möglichkeiten, sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Eine gemeinschaftliche Erziehung für "höhere Töchter" fand in den zahlreichen Pensionaten und Instituten statt.

Gesamtschulen

Bedingt durch enormen Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften und der Forderung nach mehr Chancengleichheit im Bildungssystem wurden ab 1969 integrierte Gesamtschulen eingerichtet. In ihnen werden alle Schüler, die sonst Gymnasien, Real- oder Hauptschulen besuchen müßten, bis Klasse 10 gemeinsam unterrichtet. Den unterschiedlichen Begabungen versucht man durch ein breitgefächertes Angebot und Wahlmöglichkeiten gerecht zu werden. Neben Fachunterricht gibt es fächerübergreifenden Projektunterricht. Im sogenannten Team-Gruppenunterricht arbeiten mehrere Lehrer im Team zusammen.