Der Pädagoge Karl von Raumer schrieb 1866 in seinem Buch "Die Erziehung der Mädchen": "Stricken und Nähen muß jedes Mädchen erlernen, sei es von welchem Stande es wolle. Man halte etwas größere Mädchen am meisten zu möglichst vollkommenem Nähen des weißen Leinenzeuges an und zu recht ordentlichem Stricken der Strümpfe. Sind Mädchen darin geschickt, so werden sie eben dadurch auch fähig zu künstlichen und zierlichen Arbeiten... Es ist wünschenswerth, daß ein Mädchen sich so viel Fertigkeit in künstlichen Handarbeiten erwerbe, um das, was zu einem geschmackvollen Zierrat der Zimmer oder des Anzugs gehört, vollkommen arbeiten zu können." (Raumer S. 154)
Bis vor gar nicht langer Zeit gab es Unterschiede im Bildungsangebot für Mädchen und Jungen. Dies begründete man mit Unterschieden im Wesen von Mann und Frau, ihrer unterschiedlichen natürlichen Bestimmung, der unterschiedlichen Begabung und ihren unterschiedlichen Aufgaben in der Gesellschaft. In einem pädagogischen Lexikon von 1860 können wir lesen: "Die Erziehung des weiblichen Geschlechtes ist in der Regel viel einfacher, als die des männlichen Geschlechtes. Zwar fordert das Gemüth und das Still-leben der Frauen allerdings einen eigenthümlichen Bildungsgang, aber der Glaube ist doch ihr wahres Element." Nicht öffentliches Wirken, sondern häusliche Arbeit war Ziel der Mädchenbildung. Erst um 1900 erhielten Frauen das Immatrikulationsrecht an deutschen Universitäten. Deshalb erfolgte in der Zeit davor die Ausbildung der Töchter "aus besserem Hause" nicht an Gymnasien, die mit Hochschulreife abschlossen, sondern an Mädchenschulen, Instituten oder in Pensionaten. Während dort Mathematik und naturwissenschaftliche Fächer nur in ihren Grundzügen behandelt wurden, stand ausgiebig französische Konversation, Literatur, Musik, Anstandsunterricht, aber auch Hauswirtschaft auf dem Stundenplan. In den Volksschulen war der Unterschied im Bildungsangebot nicht so deutlich, doch Mädchen wurden oft mit Nachsicht behandelt, wenn ihre Leistungen in Mathematik und den Realfächern nur mäßig waren.
Ein wichtiger Pfeiler der Mädchenbildung ab dem 18. Jahrhundert war der Erwerb haushaltspraktischer Kenntnisse und Fähigkeiten. Die Gemeinden wurden von den Landesherren verpflichtet, sog. Nähschulen einzurichten. Die Frau des Lehrers oder eine in textilen Handarbeiten fähige unbescholtene Witwe versammelte die Mädchen an schulfreien Nachmittagen oder nach dem Schulunterricht um sich, um ihnen Nähen, Stricken und Sticken beizubringen. Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde dieser Unterricht in den regulären Stundenplan integriert, aber noch lange durch nebenamtliche Lehrerinnen erteilt. Der preußische Lehrplan von 1912 formuliert als Ziel: "Der Handarbeitsunterricht soll die Kinder in den notwendigsten Handarbeiten: Stricken, Nähen, Stopfen, Flicken und Wäschezeichnen zur möglichsten Selbständigkeit bringen."
Abbildung : Zeichen- oder Mustertuch
Das Zeichentuch oder Mustertuch war Übungsgrundlage zum Sticken und bot zugleich Buchstabenvorlagen zum Besticken der Wäsche mit Monogrammen, dem Wäschezeichnen. In unserem Raum war die Ausführung des Mustertuches bis 1920 ausschließlicher Unterrichtsstoff für das 5. Schuljahr.
In einer Zeit, in der die Fotografie noch in den Kinderschuhen steckte, war für zahlreiche Berufe eine gewisse Fertigkeit im Zeichnen eine notwendige Voraussetzung. So heißt es in einem Erlass von 1900 für die Gymnasien: "... daß namentlich diejenigen Schüler, welche sich der Technik, den Naturwissenschaften, der Mathematik oder der Medizin zu widmen gedenken, vom fakultativen Zeichenunterricht fleißig Gebrauch machen." (Bestimmungen, S.4). Auch in den Volksschulen stand der Zeichenunterricht im Dienste zukünftiger Lebenspraxis.
Kunstverständnis oder eigene künstlerische Ausdrucksfähigkeit spielten nur eine geringe Rolle. Schon ab 1890 traten Reformbestrebungen auf, die die bildende Wirkung der Kunst selbst betonten und eine ganzheitliche Erziehung anmahnten. Ab den zwanziger Jahren setzte sich in der Schule eine neue Richtung durch, die man als "musische Kunsterziehung" bezeichnen kann. Die schöpferischen Eigenkräfte des Kindes und seine Phantasie sollten vor allem gefördert werden. Märchen- und Erlebnisthemen ersetzten das Abzeichnen von Gegenständen, vielfältige Gestaltungstechniken traten an die Stelle von Zeichenstift und Tuschefeder.
Um 1970 gab es wieder eine Wende: Ab jetzt sollte das Fach zum kritischen Kunstunterricht werden; moderne Kunst und bildnerische Probleme sollten ebenso berücksichtigt werden wie eine kritische Auseinandersetzung mit den optischen Medien und der Bildwerbung.
In der Vitrine sind diese drei Stationen der Entwicklung an typischen Hilfsmitteln und Ergebnissen des Unterrichts zu sehen.
Die Musik gehörte zu den Sieben freien Künsten des mittelalterlichen Lehrplans. Auch in den durch Luther initiierten Pfarr- und Küsterschulen spielte der Gesang eine große Rolle, und in den Elementar- und Volksschulen bis zur Jahrhundertwende wurde, durch die enge Verbindung von Schule und Kirche, auf das Singen großer Wert gelegt.
Die Lehrer mussten Orgel und Geige spielen lernen; als Küster und Organist hatten sie selbst - schon wegen der Nebeneinnahmen - ein Intereresse daran, dass bei Begräbnissen, Hochzeiten und Gottesdiensten eine akzeptable Musik zustande kam.
Der Musikunterricht wurde für politische Zwecke genutzt, was sich deutlich in den Schulliederbüchern der wilhelminischen und der nationalsozialistischen Zeit ablesen lässt. Im 20. Jahrhundert hat der Musikunterricht über mehrere Stationen eine erhebliche Veränderung erfahren. Heute ist die Auseinandersetzung mit den vielfältigen Erscheinungsformen der Musik eine wesentliche Aufgabe.