Im Lehrplan der Schulen des Mittelalters, den sogenannten Sieben freien Künsten, besaßen das Tier- und das Pflanzenreich keinen ausgewiesenen Platz. Einige Quellen belegen aber, dass das, was unter dem Fach "Geometrie" verstanden wurde, Inhalte der Naturbetrachtung enthalten konnte. Auch die Abschriften des "Physiologus", eines im 2./3. Jahrhundert entstandenen symbolischen Tierbuchs, in dem antike Tiergeschichten mit christlichen Glaubensinhalten in Verbindung gesetzt werden, lässt vermuten, dass Tiere dem Unterricht der Klosterschule nicht fremd waren. Beim Studium der Grammatik und Dialektik wurden wahrscheinlich auch solche Werke antiker Autoren herangezogen, in denen Natur-betrachtungen, die Tiere zum Gegenstand hatten, zum Inhalt gehörten. Die Fabeln des Aesop bildeten einen beliebten Stoff des lateinischen Sprachunterrichts.
In einem in Mainz 1491 gedruckten Buch, dem "Hortus sanitatis" des Johann de Cuba befindet sich ein Holzschnitt, der eine Art Unterricht in Tierkunde darstellt. Zwei Männer, einer mit der Magisterhaube auf dem Kopf, halten zwischen sich ein Buch und scheinen sich in lebhafter Diskussion zu befinden. Sie sind umgeben von einer großen Zahl unterschiedlicher Vögel, die recht natürlich wiedergegeben sind.
Andere Bildwerke mit schulbezogenem Inhalt enthalten Tiere meist in allegorischer Funktion. Auf einem Steinrelief, um 1200, am südlichen Chorumgang des Freiburger Münsters, das als "Die Wolfsschule" bekannt ist, wird eine Geschichte dargestellt, in der ein Wolf sich als Mönch verkleidet in eine Klosterschule einschleicht, sein wahres Gesicht aber offenbart, indem er ein Lamm zu reißen versucht.
In mehreren Holzschnitten des von Rodericus Zamorensis herausgegebenen "Trostspiegel" aus dem Jahre 1497 begegnet uns mehrfach der Esel im Kreise von Schülern als Symbol der Faulheit und Dummheit in Gestalt des hölzernen Strafesels oder der Eselskappe. Auch in karikaturistischer Absicht treten schon früh Tiere in Unterrichts-situationen auf. In einem Druckwerk von 1501 findet sich ein Holzschnitt, auf dem ein Esel als Lehrer das Katheter bestiegen hat, um alle möglichen anderen Tiere zu unterrichten.
Bis ins 16. Jahrhundert bestand die wissenschaftliche Beschäftigung mit Naturgegenständen in der Rezeption und Bearbeitung der Erkenntnisse antiker Autoren wie Aristoteles oder Plinius. Erst durch den englischen Philosophen Francis Bacon (1561 - 1626) wurde die Naturforschung im modernen Sinn begründet, dadurch,daß Naturerkenntnis auf Beobachtung und Erfahrung aufbauen soll. In den meisten Schulordnungen nach der Reformation sind Themen aus dem Tierreich nicht gefordert. Eine Ausnahme bildet die Schulordnung, die Herzog Ernst der Fromme ab 1642, mit Verbesserungen bis 1672, für das Fürstentum Gotha erlassen hat. Nach ihr soll außer in Lesen, Schreiben, Singen, Rechnen "…wo man mehr als einen Lehrer hat, in Wissenschaft etlicher nützlicher, teils natürlicher, teils weltlicher und anderer Dinge in guter Ordnung" unterrichtet werden. Die Einschränkung "wo man mehr als einen Lehrer hat", lässt ahnen, dass nur an ganz wenigen Stadtschulen Kenntnisse über Tiere vermittelt wurden. Die sich im 17. Jahrhundert schnell entwickelnden Naturwissenschaften fanden ihren Niederschlag im pädagogischen Werk von Jan Amos Comenius. In seinem berühmten Sprach- und Sachbuch "Orbis sensualium pictus" von 1658 sind Tiere in zwei Funktionen in unterrichtlichen Zusammenhang gebracht: Beim Erlernen des Lesens dienen überwiegend bekannte Tierlaute als Assoziationshilfe für die Lautwerte der Buchstaben. "Das Schaf blöcket bé bé (Buchstabe b), die Gans gackert ga ga" (Buchstabe g). Als Bestandteil der Welt erhält das Tierreich bei Comenius ein eigenes Kapitel, "Animalia/Die Thiere", mit 16 Tiergruppen, die in Bild und Text repräsentiert werden.
Ein weiterer Impuls, sich in der Schule mit Tieren zu beschäftigen, ging von August Hermann Francke (1663 - 1727) aus. Im Unterrichtsplan seiner Halle`schen Anstalten war Naturgeschichte "…in Specie Botanicam et Historiam animalium" vertreten.
Im 18. Jahrhundert liefern vor allem Pestalozzi und die Philantropen Anregungen, die Lebenswelt stärker in den Unterricht einzubeziehen. C. G. Salzmann (1744 – 1811) entwickelt in seinem „Ameisenbüchlein“ konkrete Vorschläge, wie Lehrer Tiere im Anschauungsunterricht einsetzen sollen. „Da hat mich nun eine lange Erfahrung gelehrt, dass nichts die Aufmerksamkeit der Kinder so früh auf sich ziehe, als – Thiere ... Sollen die jugendlichen Kräfte an der Natur geübt werden, so müssen die Erzeugnisse derselben ihnen nach und nach zur Betrachtung vorgestellt werden, .... und zwar anfänglich – ein Thier.“ 1 Salzmann gibt Anleitung zur Durchführung des Unterrichts und zur Beschaffung des Beobachtungsmaterials. Bei diesem Unterricht geht es ihm nicht nur um zoologische Kenntnisse, „sondern Übung ihrer Kräfte, wozu die naheliegende Natur hinlänglichen Stoff darbietet.“ Für J. B. Basedow (1723 – 1790) gehört die Naturkunde zu einem umfassenden Bildungskonzept. Zu den Inhalten gehören „Kenntnis der Tiere, von den Pflanzen, von den Mineralien,“ aber auch Schiffswesen, Mühlen und Uhren sowie „Wirkungen in der Körperwelt“ mit physikalischen Phänomenen und astronomische Themen. Die Kupferstiche in seinem Elementarwerk beschränken sich nicht auf die Wiedergabe von Tieren in ihrem Lebensraum, sondern zeigen auch systematische Zusammenhänge wie z. B. Fußbildungen oder Schädelformen.
Die zunehmenden Forschungsanstrengungen und die wachsende gesellschaftliche Bedeutung der Naturwissenschaften schlagen sich nach 1800 auch in einer Vermehrung von Publikationen mit didaktischen Intentionen nieder. Titel wie „Lehrbuch der Naturgeschichte, für Schulen und zum Selbstunterricht“ oder „Naturgeschichte für Kinder“, oft mit Kupferstichen illustriert, kommen auf den Markt. Die Adressaten sind die Kinder und Schulen der Oberschicht, da sich große Teile der Bevölkerung solche Bücher nicht leisten konnte. Für die Volksschulen, selbst die armen Dorfschulen, kam eine Anregung, sich mit der Natur zu beschäftigen, aus einer ganz anderen Entwicklung. 1772 hatte der Freiherr Friedrich Eberhard von Rochow, der sehr um die Verbesserung der Landschulen seiner Besitzungen bemüht war, das erste weltliche Lesebuch „Der Kinderfreund“ herausgegeben. Für dieses Lesebuch hatte er Texte verfasst, die im Geiste der Aufklärung auch lebenspraktische Erkenntnisse vermitteln und „die Tugend befördern“ sollten. Mit Texten wie „Die Bienenzucht“, „Vom Nutzen des richtigen Denkens bey der Viehzucht“, „Die Stallfütterung des Rindviehes“, „Der Seidenbau“ wird die Aufmerksamkeit auch auf die Tiere gelenkt, Dorfschullehrer werden motiviert, sich auch solcher Inhalte anzunehmen.
Im 19. Jahrhundert traten an die Seite des humanistisch geprägten Gymnasiums mit seiner Betonung der alten Sprachen zunehmend Realschulen und Realgymnasien. An ihnen erhielten Mathematik und naturwissenschaftliche Fächer ein größeres Gewicht. Es entwickelte sich eine eigene Fachdidaktik, Schulbücher für Tier- und Pflanzenkunde wurden verfasst, und die Schulen legten „naturgeschichtliche Sammlungen“ an.
In den Volksschulen setzte die Entwicklung zu einem planmäßigen naturkundlichen Unterricht verzögert ein. In der badischen Schulordnung von 1834 sind die Hauptfächer Religion, deutsche Sprache, Schreiben, Rechnen, Gesang ergänzt durch „andere gemeinnützige Kenntnisse aus der Naturgeschichte, Naturlehre, Erdkunde, Geschichte, Gesundheitslehre, aus der Landwirtschaft und aus der Geometrie".[2]
Die Inhalte beschränken sich auf das, was dazu im Lesebuch enthalten ist. „Der Lehrer hat das was in diesem Lesebuch vorkömmt, den Kindern durch Beispiele, Versuche und Abbildungen im Einzelnen zu veranschaulichen und zu erläutern."[3] Der preußische Lehrplan für die Volksschulen von 1872 weist schon einen eigenen Inhaltsbereich „Naturbeschreibung“ auf: „Gegenstand des Unterrichts in der Naturbeschreibung bilden außer dem Bau und dem Leben des menschlichen Körpers: die einheimischen Gesteine, Pflanzen und Thiere, von den ausländischen die großen Raubthiere, die Thier- und Pflanzenwelt des Morgenlandes und diejenigen Kulturpflanzen, deren Produkte bei uns in täglichem Gebrauche sind.“ [4] Damit ist die Tierwelt zum festen Bestandteil der Lehrinhalte der Schulen geworden. Während in der Grundschule der Sprach- und der Heimatkundeunterricht den Bezugsrahmen lieferten, bildeten in den weiterführenden Schulen die sogenannten „Realien“, aus denen dann das Fach „Biologie“ hervorging, die Basis. Für die Fachdidaktik galt unangefochten das Prinzip der Anschauung; da aber nur in seltenen Fällen lebende Tiere in den Unterricht einbezogen werden konnten, entwickelte sich ab dem 19. Jahrhundert ein ausgedehnter Markt an Anschauungsmitteln. Die Veränderungen ihrer inhaltlichen, technischen und ästhetischen Gestaltung bildet bis heute einen Spiegel für die Rolle, die den Tieren von der Schulpädagogik jeweils zugewiesen wurde.
Schon in der Schulordnung des Herzog Ernst von Gotha aus dem Jahre 1648 wird an mehreren Stellen angedeutet, dass es sinnvoll ist, Tiere in der Natur zu betrachten. „Was auf dem Augenschein beruhet, soll, wo man es gegenwärtig haben kann, den Kindern gezeigt werden.“ Wo die unmittelbare Beobachtung nicht möglich ist, soll als Ersatz „... alles, was zur Demonstration und Treibung der natürlichen und anderen Wissenschaften erfordert wird, nach und nach zur Hand geschaffet und in einem Inventario bei der Schule gelassen werden.....“ Es sollen z. B. Pflanzen "gedörrt, auf Papier genähet oder geleimt" werden. Bis sich solche Ideen im deutschen Schulwesen allgemein durchgesetzt haben, dauerte es fast zweihundert Jahre. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts sind dann Tiere – erst an höheren Schulen, nach und nach auch an Volksschulen – in verschiedenen Formen vertreten.
In den Landschulen war der unmittelbare Kontakt der Schüler mit Tieren einfach und wurde auch den Lehrern nahegelegt. Für die städtische Situation empfahl man den Besuch von Tierparks oder Beobachtungen bei Lehrwanderungen. In dieser Zeit waren reisende Menagerien und Schausteller nicht selten: Ihre Angebote richteten sich häufig an die Schulen selbst, wo der Nahkontakt mit exotischen Tieren, Reptilien oder Vögeln für die nicht medienverwöhnten Schulkinder zum eindrucksvollen Erlebnis wurde.
In Bezug auf naturhistorische Sammlungen in Schulen heißt es: „So werden doch die natürlichen Exemplare, in der rechten Weise conserviert, den Hauptinhalt der naturhistorischen Schulsammlungen bilden müssen.“ (Anm. 5, S. 132) Ausgestopfte Säugetiere und Vögel, aber auch deren Nester und Eier gehören ebenso dazu wie auf Nadeln gesteckte Käfer und Schmetterlinge. Weichtiere und Amphibien können, in Spiritus eingelegt, konserviert werden. Bis zu welchem Differenzierungsgrad sich das Angebot entwickelte, illustriert ein Beispiel aus einem Katalog der 20er Jahre: „Sammlung von 17 Arten Pelzstücken (Aufzählung von Dachs bis Ziege) in poliertem Holzkasten mit Glasdeckel.“ (Schulwart. Lehrmittelführer für das gesamte Schulwesen. Leipzig o. J.) In einer Zeit, in der Artensterben und Tierschutz noch keine Rolle spielten, konnte sogar empfohlen werden, dass die Schüler selbst sich Insektensammlungen anlegen sollten, und die Anleitung zum Fangen und Präparieren von Schmetterlingen wurde mitgeliefert.
In jener Zeit entstand mit der Herstellung und dem Vertrieb von naturkundlichen Präparaten ein eigener Wirtschaftszweig. Hierzu ist folgender Hinweis in einem pädagogischen Werk von 1866 aufschlussreich: „... G. A. Frank zu Amsterdam liefert bloß Bälge, auch nicht gerade billig, aber gut, H. B. Möschler zu Herrnhuth europäische Thierbälge, namentlich hochnordische und von der Wolga, sehr gut präpariert und billig, Nager-Donasius in Urseren im Kanton Uri schweizer Thierbälge, Salmin und Brand in Hamburg exotische Bälge, auch Reptilien, Fische und niedere Seethiere in Spiritus, nicht theuer, ....L. W. Schaufuß in Dresden europäische und exotische Säugthier- und Vogelbälge, Käfer und Schmetterlinge, auch niedere Thiere in Spiritus."[1]
Die zunehmende Akzeptanz des naturwissenschaft-lichen Unterrichts und die Entwicklung eigener Fachdidak-tiken wirkte sich auch aus auf die Nachfrage nach Mitteln zur Veranschaulichung. Man kam bald auf die Idee, Tiere und Pflanzen, die sich nicht oder schlecht präparieren oder konservieren lassen, als Nachbildungen aus Gips oder Pappmaché herzustellen. Die heute noch in Coburg wirkende Firma „Somso-Modelle“ ist ein Beispiel für einen Zweig der sich im 19. Jahrhundert entwickelnden Lehrmittelindustrie. Marcus Sommer gründete in Sonneberg (Thüringen) seine Lehrmittelwerkstätten. Von Modelleuren und Malern ließ er naturgetreue Nachbildungen aus Pappmaché herstellen. Auch Knochen, ganze Skelette, Körperteile und vergrößerte Organe ergänzten nach und nach das Programm. Parallel dazu entwickelten sich Lehrmittelverlage, die außer eigenen auch die didaktischen Produkte unterschiedlicher Hersteller vertrieben. Deren Angebot reichte von Schulbüchern über Landkarten, Experimentiergeräte, Bilder, Turngeräte und anderes bis zu Gesetzessammlungen. Umfangreiche, regelmäßig aktualisierte Kataloge informierten und informieren noch heute die Kollegien an den Schulen.
Am Ende des 19. Jahrhunderts waren reich illustrierte Biologiebücher, speziell für Tierkunde, keine Seltenheit mehr. Der ab 1901 von Otto Schmeil herausgegebene „Leitfaden der Tierkunde“ hat viele Schülergenerationen im Biologieunterricht begleitet. Für die häusliche Information in wohlhabenden Familien gaben Verlage wie J. F. Schreiber in Esslingen mit Farblithografien hervorragend bebilderte „Naturgeschichten“ heraus.[7] Die Entwicklung der Drucktechniken in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts erlaubte es, zu wenig höheren Kosten die Schwarz-weiß-Bilder durch Farbdarstellungen in den Schulbüchern zu ersetzen.
A. Dürers berühmter Holzschnitt Rhinozeros (1513) ist ein frühes Beispiel für das Interesse an Tierdarstellungen. Die Erfindung des Mikroskops am Ende des 16. Jahrhunderts erschloss einen neuen Bereich visueller Wahrnehmung, der schon bald in großformatigen Einzelbildern für den universitären Lehrbetrieb seinen Niederschlag fand.
Schon aus der Antike lassen sich Belege dafür finden, dass Bilder zur Verbesserung des Unterrichts benutzt werden sollen.[6] Bis zur Erfindung von ökonomisch günstigen Druckverfahren war ihre Verwendung im Unterricht jedoch begrenzt. Eine neue didaktische Qualität erhielten Bilder im „Orbis sensualium pictus“ von Comenius (1658); sie sind unverzichtbarer Bestandteil seines Lernkonzepts. Aber erst das 19. Jahrhundert öffnete mit neuen Drucktechniken – vor allem Lithografie und Holzstich – ein Tor zu einem Bilderstrom in die Schule. Der Holzstich, der in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts als billiges Bildmedium zunehmend im Buch- und Zeitungsdruck Eingang fand, ermöglichte es, Bücher auch für den großen Teil der ärmeren Bevölkerung zu illustrieren. Nun konnte man auf dem Niveau der Volksschule Tierbildern in Erstlesefibeln, dann auch in Lesebüchern und den neu aufkommenden Realienbüchern, an Gymnasien in den fachbezogenen Biologiebüchern begegnen.
Bilder aus dem 18. Jahrhundert zeigen, dass Tierbilder in Sammlungen und Kabinetten im Hauslehrer- und Hofmeisterunterricht eingesetzt worden sind; aber erst die Serienproduktion großformatiger Lithografien ab etwa 1830 eröffneten auch Volksschulen die Möglichkeit, Bildersammlungen für den Unterricht anzulegen. Anfangs hat man die Bilder handkoloriert, später wurde der lithografische Farbdruck eingesetzt. Solche Schulwandbilder mit Einzeltieren und Tiergruppen (Süßwasserfische, einheimische Käfer) ergänzte man nach und nach mit sogenannten “zootomischen Tafeln“, die Skelette, Organe oder organische Funktionen (z. B. Blutkreislauf) zur Darstellung brachten. Nach dem 1. Weltkrieg erschienen in den Lehrmittelkatalogen Projektionsgeräte für Dias, Bildstreifen im Kinofilmformat und für Stummfilme, dazu wurden zahlreiche thematische Lichtbildserien angeboten, unter ihnen auch Diaserien zur Zoologie im Format 8,5 x 8,5 wie beispielsweise „Säugetiere / Alpentiere“, „Die Maus“, „Die Stubenfliege“. Ab den dreißiger Jahren setzte sich das Kleinbild-Format durch, in dem bis nach dem 2. Weltkrieg Tierbilderserien produziert wurden.
Mit der Entwicklung des Lehrfilms ab den zwanziger Jahren kamen nach und nach auch bewegte Tierbilder in die Schule. Die Reichsstelle für den Unterrichtsfilm produzierte um 1935 u. a. „Der Schwirrflug des Kolibris“, oder „Die Bekämpfung des Kiefernspinners“; später kamen dann von FWU „Der Igel“ oder „Storchenleben“ und viele andere.
Lesen lernen mit Hilfe von Tierbildern [8]
Schon in Fibeln des 16. Jahrhunderts verwendete man Tiere, um das Einprägen der Buchstaben und ihres Lautwerts zu unterstützen. Diese Mnemotechnik (Kunst des Erinnerns) kann die Gestalt des Buchstabens mit einem Tierbild verbinden – beim S erscheint eine s-förmige Schlange -, den Anlaut des Tiernamens nutzen – beim H wird ein Hase abgebildet -, oder ein typisches Tiergeräusch wird auf den Lautwert bezogen – das I ist mit dem krähenden Hahn illustriert. Als im 19. Jahrhundert die Fibeln immer mehr mit Bildern bereichert wurden, blieb diese Verbindung von Alphabet und Tierbild erhalten.
Im fortgeschrittenen Stadium des Leselernprozesses treten Fabeln, andere Tiergeschichten und Tiermärchen auf, manchmal mit Illustrationen der im Text auftretenden Tiere.
Pestalozzis Grundsatz, die Anschauung sei das Fundament aller Erkenntnis, fand nach 1800 nach und nach Eingang in die Ausbildung der Volksschullehrer, in die schulpädagogische Literatur und in den Unterricht der ersten Schuljahre. Anschauungsübungen in Verbindung mit Sprech- und Denkübungen wurden zu einem festen Bestandteil des Unterrichts der ersten Schuljahre. In Lehrerhandbüchern finden sich Musterstunden zu Themen wie „Die Haustiere und das Geflügel“, „Körperteile der vierfüßigen Tiere“, „Beschwerliche oder schädliche Tiere“9. Die Behandlung im Unterricht sollte sich – wenn möglich – auf die Beobachtung lebender Tiere oder auf Präparate und Bilder stützen. Durch die Reformpädagogik zu Beginn des 20. Jh. wurde dieses Prinzip weiter vertieft und in das ab 1920 geltende Konzept des Gesamt- und Heimatkundeunterrichts integriert.
Auf der Ebene der „weiterführenden Schulen“ spielt die Verbreitung der Realschulen und der Realgymnasien eine wesentliche Rolle für die Aufnahme der Tierwelt in den Unterricht. Auch wenn anfangs noch kein eigenes Schulfach „Biologie“ im Stundenplan vertreten ist, wurden zoologische Inhalte in Lehrplänen und Didaktiken zu festen Bestandteilen der „Naturgeschichte“ oder „Realien“. In der Mittelschulverordnung für Preußen von 1928 wird als Ziel des Naturkundeunterrichts angegeben: „Kenntnis und Verständnis des Baues und der wichtigsten Lebensäußerungen der Pflanzen, Tiere und der Menschen ... Kenntnis der Hauptgruppen.“ Es sind dafür 2 – 3 Wochenstunden vorgesehen.
Im Plan für die Volksschulen von 1921 hat die Naturkunde eine weniger wissenschaftlich geprägte Intention. „In der Pflanzen- und Tierkunde liegt der Schwerpunkt nicht in der zergliedernden Beschreibung, sondern in der Beobachtung der Lebenserscheinungen...und in den Hinweisen auf die landwirtschaftliche Verwertung und volkswirtschaftliche Bedeutung der Erzeugnisse.“[10] Entsprechend sind die Texte in den Biologiebüchern akzentuiert: Im Gymnasium begegnet man beispielsweise den Mäusen als Vertreter der Nagetiere, im Volksschulbuch treten sie als gefährliche Schädlinge auf.
Kostengünstiger Massendruck und industrielle Produktion waren ab dem 19. Jahrhundert Voraussetzungen, um weiter Begegnungsmöglichkeiten entstehen zu lassen. Auf die Deckel der Griffelkästen und Schwammdosen aus schwarzem Pappmaché druckte man als Schmuck und zur Unterscheidung Vögel und Schmetterlinge, Stundenplanformularen nahm man mit Tierbildern auf Randleisten und Rückseite den amtlichen Charakter, die Werbung nutzt Tierbilderserien, um auf Produkte aufmerksam zu machen. In neuerer Zeit wurden poppige Tiersymbole zu modischen Erscheinungen auf Schulranzen und allem, was hinein gehört.
Auf dem Gemälde eines niederländischen Malers des 17. Jahrhunderts, auf dem das Innere eines Unterrichtsraums zu sehen ist, hängt ein Korb unter der Decke an einem Seil, das über eine Rolle zur Wand geführt ist. An ihm ließ sich der Korb herunterlassen und hochziehen. Es handelt sich um den „Brotkorb“, in dem Lebensmittel – in unserem Zusammenhang auch das Pausenbrot der Schüler - vor Mäusen und Ratten in Sicherheit gebracht wurden.
Die Bilder und Beschreibungen von Schulräumen bis ins 19. Jahrhundert hinein machen eine solche Maßnahme verständlich, und das nicht nur für die ländlichen Schulen, auch in den Städten waren der bauliche Zustand und die hygienischen Verhältnisse manchmal so, dass ungebetene Gäste leichten Zutritt fanden. Das wird bestätigt durch ein Bildthema, das in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts mehrfach aufgegriffen wurde: Der Schrecken einer Mädchenklasse vor einer Maus, die sich in den Schulsaal verirrt hat.
Ein anderes Kapitel unerwünschter Tiere in der Schule heißt „Kopflaus“. Obwohl schon im 19. Jahrhundert Hygiene und Schulgesundheitspflege in den amtlichen Vorgaben eine zunehmende Rolle spielen, wird das Thema „Kopflaus“ erst in den Verordnungen der Weimarer Republik aufgegriffen, möglicherweise weil man jetzt erst über Mittel verfügte, um erfolgreicher gegen die Parasiten vorzugehen. In einem Erlass Preußens von 1923 lesen wir: „Um der noch immer recht erheblichen Verbreitung der Läuseplage unter den Schulkindern wirksamer, als es bisher möglich war, entgegentreten zu können..."[11] Eltern verlauster Kinder haben für deren Entlausung zu sorgen.
Auf der Klassenszene des Niederländischen Malers auf Seite 12 erkennt man einen schlafenden Hund inmitten des Schülerhaufens. Schulen scheinen damals keine nach außen hermetisch abgeschlossenen Bezirke gewesen zu sein, aus denen selbst die Haustiere des Lehrers verbannt waren. Mit der zunehmenden staatlichen Reglementierung im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden lebendige Tiere höchstens als kurzzeitige Gäste im Klassenzimmer zugelassen. Erst die Reformpädagogik im 20. Jahrhundert sah die längerfristige oder dauerhafte Präsens von Tieren in der Schule als pädagogisch sinnvolle Möglichkeit an.
In der Folge gab es in der Sozial- und Heilpädagogik immer wieder positive Erfahrungen beim Einsatz von Tieren. Eine ab den 1980er Jahren zunehmende Zahl an Veröffentlichungen zu dem Thema zeigt das in der Schulpädagogik gewachsene Interesse. Es werden erzieherische Ziele – Verantwortung, Abbau von Angst oder Ekel, soziales Lernen -, didaktische Vorteile – entdeckendes, forschendes Lernen, genaues Beobachten, Selbsttätigkeit - und fachlicheAspekte – gewinnen von Kenntnissen und Fähigkeiten, Erkennen von Zusammenhängen bei hoher emotionaler Beteiligung und Motivation – herausgestellt. Die Praxis ist eng mit der Initiative einiger interessierter Lehrpersonen verbunden und bleibt auf einzelne Schulen begrenzt.
Die Verbindung der Tierwelt mit der Schule hat sich auch auf symbolischer Ebene vollzogen: Schon in der Antike hat man das Personal der Schule in Tiergestalt dargestellt, so beispielsweise auf einem Terrakottarelief, das etwa 150 vor Chr. in Italien geformt worden ist. Der Lehrer erscheint darauf als Esel, seine Schüler als Affen. In späterer Zeit findet die schulbezogene Tierallegorie vor allem in Karikaturen ihren Niederschlag: Der Lehrer als Fuchs, der Gänse unterrichtet, ein Wolf in der Mönchskutte als Lehrer der Klosterschule, Schüler als Papageien, die nur nachplappern. Im 19. Jahrhundert entstanden die ersten „Tierschulen“, in denen die Welt der Schule auf Tiergruppen übertragen und als Bilderbuch gestaltet wird. Das populärste Beispiel ist „Die Häschenschule“ von Koch-Gotha aus dem Jahre 1923; “Die Waldschule“ von Fritz Baumgarten aus dem gleichen Jahrzehnt versuchte an den Erfolg der „Häschenschule“ anzuknüpfen. Solche Bilderbücher können als Grundlage dafür angesehen werden, dass Tierschulen als Bärenschulen, Ponyschulen, Mäuseschulen u. a. mit Figuren und möblierten Schulsaalgehäusen Eingang in die Spielwelt der Kinder gefunden haben.
Der Ausschnitt, den das Thema „Tiere in der Schule“ bildet, spiegelt zahlreiche Aspekte der allgemeinen Schulgeschichte. Die Veränderungen der Lerninhalte werden ebenso sichtbar wie Entwicklungen der Fachdidaktik. Ein Schlaglicht fällt auf die Geschichte der Unterrichtsmedien, da der Gegenstand nur ausnahmsweise real im Unterricht verfügbar sein kann. In Folge der Umweltproblematik und einer veränderten ethischen Einstellung hat das Kapitel „Tiere in der Schule“ in den letzten Jahrzehnten ganz neue Akzente gewonnen, und ihre mediale Präsentation hat durch die Entwicklung der Technik neue Möglichkeiten erhalten.
[1] C. G. Salzmann, Ameisenbüchlein, oder Anweisung zu einer vernünftigen Erziehung der Erzieher, Reutlingen 1808, S. 49 f.
[2] Verordnung über das Volksschulwesen im Großherzogtum Baden, Karlsruhe 1834, S. 4
[3] Verordnung o. a. O. S. 38
[4] Gesetze und Verordnungen über das Elementar-Schulwesen, gesammelt und geordnet von Eduard Speiche, Trier 1876, S. 1545 Enzyklopädie des gesamten Erziehungs- und Unterrichtswesens, hrsg. von K.A. Schmid.
[5] Band, Gotha 1866, S. 136 (Fußnote)
[6] Eine ausführlichere Darstellung der Geschichte der Bildmedien im Unterricht findet sich in: Horst Schiffler (Hrsg.), Erfreuen und Belehren. Begleitschrift zur Ausstellung. Schriften desSaarl. Schulmuseums, Ottweiler 1999
[7] u. a. Naturgeschichte der Säugetiere, Naturgeschichte der Reptilien, Amphibien, Fische..., Naturgeschichte der Vögel, - ab etwa 1860/65.
[8] A. Grömminger / H. Schiffler, Die Funktion der Illustration in der Geschichte der Fibel, in: A. Grömminger , (Hrsg.) Geschichte der Fibel, Frankfurt a. M./Berlin/Bern 2002, S. 77 - 97
[9] R. J. Wurst, Die zwei ersten Schuljahre, Reutlingen 1839, S. 240ff
[10] Schulbestimmungen für die der Regierung in Trier unterstellten Schulen. Hrsg. Gildemeister – Dr. Wilkes – Kley, Saarbrücken o. J., S. 553
[11] Schulbestimmungen, hrsg. V. Gildemeister, Wilkes, Kley, Saarbrücken o. J., S. 1053