"Zu dritt und viert in Zweierbänke gezwängt, saßen wir gemeinsam mit der Parallelklasse im verdunkelten Klassenraum - zum ersten Mal im Leben eine Filmvorführung! Unser Lehrer stand am Lichtschalter, der Lehrer der anderen Klasse hantierte am Projektor, der im Mittelgang aufgebaut war. Plötzlich ein lautes Rattern, das elektrische Licht erlosch, und auf der Rückseite der Deutschlandkarte, die als Leinwand diente, begann es zu zucken und zu huschen. Nun erschien ein grünes Rechteck, das wurde hell, zeigte ein rundes Buchstabenemblem. Ein Titel hüpfte auf und ab, dann die erste Szene: Schneeweißchen und Rosenrot mit der Mutter am Spinnrocken. Obwohl die Bilder flimmerten und von hellen Streifen durchzogen waren, obwohl die Vorführung unterbrochen wurde, weil der Film riss, muss es ein großes Erlebnis gewesen sein. Die Mitschülerin, die ich sonst immer ein wenig zu ärgern versuchte, hatte einige Tage Ruhe - ich hatte mich in Rosenrot verliebt."
(Prof. Horst Schiffler)
Die kleine Geschichte aus dem Jahr 1947 vermittelt etwas von der Faszination, die technische Medien ausübten in einer Zeit, als sie noch nicht zum Familienalltag gehörten.
Bis vor zweihundert Jahren war die Schule fast ausschließlich eine Wort- und Buchschule. In dem Maße, in dem Pestalozzis Grundsatz Resonanz fand, dass Anschauung das Fundament aller Erkenntnis sei, stieg das Interesse an Erfahrungs- und Anschauungsmöglichkeiten im Unterricht. In der Folge wurden Lehr- und Lernmedien zu einem solch bedeutsamen Faktor der Unterrichtsgestaltung, dass ihnen heute eine zentrale Funktion im didaktischen System zugesprochen wird. Bei aller Wertschätzung beurteilt die Pädagogik das Angebot an Unterrichtsmedien auch kritisch, da diese ihre positive Wirkung nur bei wohlüberlegtem Einsatz entfalten können.
Die Entwicklung der technischen Medien für den Unterricht spiegelt die allgemeine technische Entwicklung: Es stimmt nachdenklich, wenn man sieht, dass vom petroleumbetriebenen Schluprojektor bis zum Lerncomputer keine hundert Jahre vergangen sind.
Abbildung : Schulprojektor (Laterna magica), um 1890.
Der Diaprojektor ist mit einer Petroleumbeleuchtung ausgestattet. An vier großen parallelen Dochten brennt die Flamme, für den Rauchabzug sorgt ein ausziehbarer Schornstein. Die Dias dazu sind lithographisch auf transparentes Papier gedruckt.
Stereoskop, um 1920. Die Möglichkeit, ein Bild räumlich zu sehen, muss vor achtzig Jahren fasziniert haben, denn in vielen Schulen war ein Stereoskop vorhanden; auch entsprechende Bildserien und Lehrmittelkataloge deuten darauf hin. Der didaktische Wert war wohl nicht sehr hoch, u. a. weil die Schüler mit großem Zeitaufwand reihum die Bilder betrachten mussten.
Audiovisuelle Medien 1920-1980. Diaprojektoren, Stummfilm- und Tonfilmprojektoren und Epidiascope spiegeln den Gang der Medienentwicklung.
Schulradio. Seit 1924 gibt es in Deutschland den Schulfunk. Durch den UKW-Empfang, lehrplannahe Programmgestaltung und vielfältiges Informationsmaterial wurde das Angebot ab den fünfziger Jahren für viele Schulen attraktiv.