Die mittelalterlichen Kloster- , Dom- und Stiftsschulen hatten, wie die städtischen Lateinschulen, eine Art höherer Bildung zum Ziel. Unterrichtssprache war Latein, Unterrichtsgebiete waren Grammatik, Dialektik, Rhetorik, Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie. Diese Schulen waren, wie zahlreiche Texte belegen, um 1500 in einem jämmerlichen Zustand. In mehreren Schriften und Predigten rief Luther die Magistrate der Städte und die Landesfürsten dazu auf, Schulen einzurichten - und zwar solche, die der breiten Masse eine Grundbildung vermitteln sollten, aber auch solche, von denen "Könige, Fürsten und Herren, Städte und Länder nehmen Kanzler, Räte, Schreiber, Amtleute". Zahlreiche reformierte Reichsstädte und Landesfürsten erließen neue Schulordnungen und richteten Schulen ein. Im Zuge der Gegenreformation entstanden die Jesuitenschulen, die fast ausschließlich höherer Bildung verpflichtet waren. Dem erstarkenden Bürgertum des 19. Jahrhunderts konnten die überkommenen Lateinschulen nicht mehr genügen. Neue gesellschaftliche Vorstellungen, die expandierenden Wissenschaften und die Industrialisierung erforderten andere Schulen. Es entstanden zahlreiche - oft privat betriebene - Schulformen mit dem Anspruch "höherer Bildung". Die Einführung des Abiturs als Zugangsvoraussetzung zur Universität im Jahre 1834 trug zu einer Vereinheitlichung des höheren Schulwesens und zur Herausbildung des dreigliedrigen Aufbaus - Volksschule, Mittelschule, Gymnasium - bei.
J. A. Comenius, Orbis pictus.
Der von Jan Amos Comenius 1658 in Nürnberg erstmals gedruckte Orbis sensualium pictus wurde zum verbreitetsten Schulbuch überhaupt. Während die Erstausgabe nur in Latein und Deutsch abgefasst war, ist unsere Ausgabe von 1760 viersprachig, jedoch ohne größere Veränderungen des Inhalts und der Bilder.
J. E. Gailer, Neuer Orbis pictus für die Jugend, 1835.
Da der Inhalt und die Bilder des Orbis pictus von Comenius dem neuen Wissensstand und den neuen Ansprüchen nicht mehr genügten, entstanden ab etwa 1830 eine Reihe von Neubearbeitungen, von denen die des Tübinger Gymnasiallehrers Gailer formal am engsten am Vorbild orientiert ist.
Elektrizitätslehre in der Volksschule.
Unterstützt von großen Elektrizitätsunternehmen initiierte der saarländische Schulrat Alois Erbelding in den fünfziger Jahren die Herstellung und die Verbreitung von Versuchsgeräten zur Elektrizitätslehre aus einfachen, handelsüblichen Teilen. Der Gerätesatz und sein Anleitungsbuch wurde in vielen saarländischen Schulen benutzt.
Im Streit um den Wert naturwissenschaftlicher Fächer für eine höhere Bildung äußert sich der berühmte Mediziner Rudolf Virchow 1867 folgendermaßen: "Man gebe dem Mediziner die volle klassische Bildung. Daneben ist für Naturwissenschaften noch immer Raum genug." (Encyklopädie 6, S. 658). Ab dem 18. Jahrhundert gab es Versuche, Mathematik und naturwissenschaftliche Erkenntnisse gegenüber den klassischen Sprachen aufzuwerten, doch noch lange ins 19. Jahrhundert hinein währte der Streit um den Bildungswert der "Realien". Die aufkommenden Realgymnasien oder Oberrealschulen hatten bis ins 20. Jahrhundert gegenüber den humanistischn Gymnasien ein geringeres Ansehen. Auch in den Volksschulen konnten "Weltkunde" und "gemeinnützige Kenntnisse" nur allmählich Fuß fassen. Lehrmittelschrank, um 1910. Der Schrank aus einer Saarbrücker Schule dürfte auch während der Zeit seiner praktischen Nutzung ähnlich eingerichtet gewesen sein wie jetzt. Der rasante Aufschwung von Technik und Wissenschaft wirkte sich auch aus auf den Geräte- und Lehrmittelbestand der naturwissenschaftlichen Fächer.